MURDERD BY MARXISTS: Plakatreihe zu vom Marxismus ermordeten Anarchist*innen

Die Auswirkungen und Funktion der linken Auslöschung anarchistischer Geschichte

Marxist*innen haben zehntausende Anarchist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Breaking the Spell hat 20 kurze Lebensgeschichten von durch den Marxismus ermordeten Anarchist*innen zusammengestellt.

Vorwort: Marxismus ist kein Kommunismus

Wenn hier von Marxismus gesprochen wird, ist damit nicht Kommunismus gemeint. Wirklicher Kommunismus ist anti-staatlich, anti-autoritär. Marxismus ist das absolute Gegenteil davon. (Anti-autoritäre) Kommunist*innen und andere anti-staatliche Sozialist*innen und Sozialrevolutionär*innen sind erstmal grundsätzlich unsere Kampfgefährt*innen und sollten tief in unseren Herzen sein, wenn wir über den Marxistischen Terror sprechen. Weil ihre Bewegungen in der Regel kleiner als die Anarchistische waren und bis heute sind, erlitten sie die selbe Unterdrückung ohne die gleiche Solidarität und Unterstützung zu erfahren. Heute ist oft noch mehr ihrer Geschichte vergessen. Eine von ihnen war Evgenia Iaroslavskaia-Marko zu der wir wahrscheinlich noch einen eigenen Beitrag veröffentlichen werden. Genauso wenig sollten wir die anderen „Opfer“ des Marxismus vergessen, dies schließt zahlreiche Marxist*innen, trotz ihrer Beteiligung an der Unterdrückung, mit ein. Das solidarischste was Anarchist*innen, die marxistischen Bekannte haben, für diese tun können ist sie daran zu hindern an die Macht zu kommen.

Einleitung: Der Marxistische Terror

Marxist*innen haben zehntausende Anarchist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt.1 Der Marxismus ist mit seiner Vorstellung der staatlichen Machtübernahme und Nutzung des Staates eine menschenfeindliche und autoritäre Bewegung. Dass er immer wieder Anarchist*innen verfolgt, ist nicht den einzelnen Einstellungen seiner Mitglieder geschuldet, sondern aus seiner eigenen grundlegenden Logik, und der des Staates heraus, muss er anti-staatliche Kräfte ausschalten. Marxist*innen werden deshalb nie aufhören uns zu bekämpfen und zu ermorden.
In der deutschsprachigen Linken Szene, aber auch der Linken weltweit, wird diese marxistische Unterdrückung totgeschwiegen, geleugnet oder manchmal auch offen befürwortet. Menschen, die daran erinnern wollen, werden angegriffen und ausgeschlossen. Anarchistische Geschichte erzählen sowie so nur Anarchist*innen. Große Teile der Linken Szene feiern unterdessen die Sowjetunion oder andere marxistisch (beeinflusste) Staaten wie Kuba, China, Nordkorea oder Venezuela, ihre Herrscher*innen/Täter*innen und auch ihre Symbole z.B. Hammer und Sichel. Die Aussage dabei ist klar (welchen machtpolitischen Zweck es hat – dazu später mehr): Die Unterdrückung von Anarchist*innen ist entweder nicht der Rede wert oder richtig.
Schlagen wir (inhaltlich) zurück! Sorgen wir für Konflikt, verteidigen anarchistische Räume, erkämpfen uns anderen oder zerstören sie (inhaltlich) und schwächen die Szene!
Zur Unterstützung hat Breaking the Spell 20 kurze Lebensgeschichten von durch den Marxismus ermordeten Anarchist*innen vorbereitet. Von allen diesen gibt es eine (manchmal gekürzte) A3-Plakatversion zum Selbstdruck (geht in den meisten Copyshops). Außerdem gibt es ein Übersichtplakat mit allen ermordeten Anarchist*innen.
Die Gefährt*innen wurden danach ausgewählt, ob es ein Foto von ihnen gibt. Es gibt noch viele weitere Geschichten zu erzählen.
Nachfolgend ein paar Worte weshalb wir an die Geschichte der Gefährt*innen erinnern sollten und was mensch mit den Sachen z.B. während der Aktionswoche gegen Linke Einheit ab dem 25.09 anstellen kann. Dann folgen alphabetisch (nach Vornamen), die einzelnen Texte und Plakate. Bis zum 25.09 wird jeden Tag außerdem einer der Texte auf de.indymedia.org veröffentlicht. In der Zeit vor und um den 25.09 kommen auch noch Texte zur Geschichte der Linken Szene, was sie heute ist und wie sie den Anarchismus kontrolliert/unterdrückt.
¹ Gegen die kommenden Leugungsversuche: Beschäftigt euch mal u.a. mit der sexualisierten Gewalt im Gulagsystem.

Der gemeinsame Feind der Linken Szene: Anarchistische Geschichtserzählung

An fast keinen Ort der deutschen Linken Szene wird anarchistische Geschichte erzählt, schon gar nicht die derjenigen Gefährt*innen, welche vom Marxismus ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt wurden.
Würde über den anti-anarchistischen Terror des Marxismus gesprochen werden, würde das die Ideologie der Linken Einheit (mehr dazu was Linke Einheit ist – hier), welche für die Linke Szene in Deutschland grundlegend ist, massiv geschwächt, vielleicht gänzlich zerstört. Vor allem müssten anarchistische Geschichte und die historischen großen und zahlreichen Erfolge unserer Bewegung erwähnt werden.

Ohne Gulags gäbe es die Linke Szene nicht – kulturelle Auslöschung des Anarchismus als Notwendigkeit

Die Linke Szene kann nur existieren, weil anarchistische Geschichte unbekannt bleibt. Würden die anarchistischen Revolutionen und Aufstände, ihr Ausmaß bekannt, könnte der Mythos Anarchist*innen seien „utopische Träumer*innen“ nicht mehr aufrechterhalten werden. Teil dieses Mythos ist auch, dass es einen Staat für (revolutionäre) Veränderungen brauche. Die Linken profitieren daher massiv von der durch den Marxismus (wozu auch die deutsche Sozialdemokratie zählt) und Liberalismus gegen uns ausgeübten Gewalt und Unterdrückung, weil sie den Anarchismus als Konkurrenz größtenteils ausgeschaltet hat.
Wäre nicht fast eine ganze Generation von Anarchist*innen in Osteuropa in den Gulags und Knästen der Sowjetunion gebrochen und ermordet worden, hätten sie ihr Wissen und ihre Praxis an uns weitergeben können. Hätte ein kämpferischer Anarchismus in Europa großflächig überlebt, wäre das heutige Bündnis der Linken Szene mit dem Staat und sein permanentes Anflehen nicht fast widerstandslos möglich und/oder es gäbe eine von der Linken unabhängige große anarchistische Bewegung.
Selbstverständlich trugen in Europa auch andere Staaten zu Zerstörung des Anarchismus bei, aber einzig die Faschistischen löschten im 20. Jahrhundert annähernd so viele Anarchist*innen (in Europa) aus, wie die Sowjetunion. Und mit dem größten dieser faschistischen Staaten Deutschland verbündete sich die Sowjetunion zeitweilig – marschierte gemeinsam in Polen ein: Einige Anarchist*innen landeten, weil die letzten nicht ganz so repressiven Staaten im Osten damit verschwanden übrigens im Konzentrationslager oder Gulag.
Aber an der Vernichtung des Anarchismus beteiligten sich Marxist*innen nicht nur in Osteuropa. Mit der Niederschlagung von Aufständen wie dem Ruhraufstand 1920 beseitigte die deutsche Sozialdemokratie (Sozialdemokratie ist die primäre marxistische Strömung, die Bolschewiki waren beispielsweise auch Sozialdemokrat*innen) den militantesten Teil der anarchistischen Bewegung.
Genauso wie während der anarchistischen Sozialen Revolution in vielen der von Spanien beanspruchten Regionen, an der sich Millionen beteiligen, die Kommunistische Partei in Zusammenarbeit zunächst mit einer Regierung von Liberalen und anderen Staatssozialist*innen begann die revolutionären Errungenschaften. beispielsweise Selbstverwaltung von Betrieben, zu zerstören und die anarchistischen Milizen zu entwaffnen. Dabei wurden tausende Anarchist*innen ermordet. Statt an den antifaschistischen, sozialrevolutionären Kampf der unteren Klassen in Spanien (wo auch viele deutschsprachige Anarchist*innen kämpften) zu
gedenken feiert die deutsche Linke, um nicht über die Soziale Revolution und ihre marxistische Unterdrückung sprechen zu müssen, daher auch lieber die Alliierten einschließlich der Sowjetunion. Kolonialmächte und Diktaturen sind eben weniger gefährlich für die eigene Position als die Erinnerung an anarchistische Revolutionen.
Alle Anarchist*innen sollten daher Hammer und Sichel, jeden positiven Bezug auf die Sowjetunion, den Marxismus und allen seinen Staaten in linken Räumen als Angriff verstehen – als Aussage, dass uns zu ermorden, inhaftieren, foltern und vergewaltigen verschwiegen werden kann oder gar notwendig und richtig war.
Das dies nicht zu regelmäßigen entsprechenden Reaktionen führt, sondern oft jene Gefährt*innen, welche dagegen handeln noch geschämt werden und teilweise von anderen Anarchist*innen inhaltlich attackiert werden, zeigt wie gebrochen wir durch das entstandene Trauma sind.

Fehlendes Selbstbewusstsein: Der unterwürfige erstarrte Anarchismus

Gemeinschaftliches Trauma hat Folgen. Eine dieser Folgen ist eine mangelndes Selbstbewusstsein und damit verbunden oft eine Unterordnung unter die Verursacher*innen des Traumas/Täter*innen. Ein Vergessen der eigenen Geschichte und Aufgabe der eigenen Kultur/Inhalte (Assimilation) ist ebenfalls eine häufige Folge. Und genau das ist der Zustand des deutschsprachigen Anarchismus und auch von Teilen des europäischen oder globalen Anarchist*innen glauben ihre Ideen verteidigen zu müssen, weil sie „utopisch“ seien, statt (die meisten) Linken und andere Befürworter*innen des Staates zur (unmöglichen) Rechtfertigung genau von dessen Existenz zu zwingen. Wir schämen uns wegen unserer Radikalität, dabei ist umgekehrterweise das Verlangen regiert zu werden extrem! Wir lassen zu, dass in Linken Zentren die Lüge erzählt wird Anarchismus sei eine neue, kleine Bewegung anstatt auf den Tisch zu hauen und zu sagen: Dass der Marxismus – die staatliche Linke jahrzehntelang eine Randnotiz der Geschichte war, dass Millionen von Menschen sich an anarchistischen Revolutionen beteiligten, die (trotz ihrer Fehler und Mängel) wirklich andere Formen des Zusammenlebens schufen – der Marxismus hingegen Abermillionen Menschen ermorden, inhaftieren, zu Zwangsarbeit zwingen, foltern und vergewaltigen ließ.
Das schwächt uns nicht nur argumentativ in der Linken Szene (mit der wir eh brechen sollten). Indem wir nicht selbstbewusst auftreten, insbesondere unsere klassenkämpferische Geschichte nicht sichtbar machen, schrecken wir Menschen ab. Menschen gehen keine revolutionärem Risiken ein, wenn sie sich nicht als Teil von etwas Größeren sehen oder fühlen³, dass ihnen Kraft gibt. Ohne eine inspirierende Geschichte(n) ist dies unmöglich. Wie soll ein verbindender Hass auf den Kapitalismus, die Reichen, den Staat, ein Bewusstsein dafür das alle Herrschaft unterdrückend ist entstehen, wenn Menschen immer nur die liberalen Lügen hört dieses System sei gerecht, es sei maximal ok symbolisch dagegen zu demonstrieren oder wählen zu gehen? Wenn nie erzählt wird das Menschen ganz andere Dinge dagegen getan haben? Wie sollen Menschen aus den unteren Klassen ein Verständnis davon entwickeln wie ihr Widerstand und ihre Befreiung aussehen kann? Selbstverständlich kann alles neu probiert werden, aber Schlüsse aus den Fehlern dabei zu ziehen, sowie neue inspirierenden Geschichten zu schaffen dauert Jahrzehnte. Das muss trotzdem passieren, aber wir brauchen nicht mit einer Stunde Null anzufangen.
Von Null anzufangen geht auch gar nicht: In unseren Beziehungen, Denkmustern und Gefühlen sind die Verletzungen und Unterdrückungen von Jahrhunderten und Jahrtausenden eingeprägt. Wenn wir die Formen von Widerstand und Heilungsversuche dagegen vergessen, geben wir diesen Beziehungen, Denkmustern, Gefühlen und enorm mehr Kontrolle über uns.
Mensch stelle sich vor. um die „Absurdität“ zu verstehen (ohne es gleichsetzen zu wollen, weil teils es um andere Unterdrückungsformen geht), Antirassist*innen würden aufhören an den anti-kolonialen Widerstand und den Kolonialismus zu erinnern und stattdessen Antirassismus als rein „neues Phänomen“ zu beschreiben. Manchmal passiert dergleichen übrigens sogar und es führt zur liberalen Verteidigung der kolonialen-rassistischen Ordnung.
Außerdem nehmen viele Menschen unterschwellig wahr, ob Andere sich unterwerfen und gebrochen sind. Leidenschaft bei Mitmenschen zu wecken, wenn mensch nur in den eigenen Traumata gefangen ist, ist beinah unmöglich. Wir sollten mit diesen offen umgehen und anstatt sie zu verstecken, gemeinsam so viel es geht davon heilen.
Die Unterwürfigkeit gegenüber der linken Auslöschung unser Geschichte, zerstört die anarchistische Bewegung auch inhaltlich. Das beste Beispiel hierzu sind Sozialdemokrat*innen, die sich anarchistisch nennen und damit rummackern wie wichtig Klassenkampf für sie sei. Was meinen sie mit Klassenkampf? – Beispielsweise den Versuch große symbolische Demos mit der Forderung an Papa Staat „das Leben müsse bezahlbar bleiben“ zu organisieren. Am Rande der anarchistischen Bewegung gab es immer vereinzelt auch Forderungen an den Staat (und in wenigen Fällen auch aus verständlichen Gründen, aber trotzdem fälschlicher Weise), aber der Kern von (anarchistischen) Klassenkampf waren Enteignungen von Kapitalist*innen, staatlichen Institutionen und Kirchen durch bewaffnete Direkte Aktionen, Diebstahl und/oder Land-/Fabrikbesetzungen oder die Vertreibung des Staates aus ganzen Regionen.
Dass Klassenkampf und was „klassenkämpferisch“ weg von Direkter Aktion zum Gegenteil umgedeutet werden kann, nämlich mit die liberalste Form staatlicher Politik, geht nur aufgrund der Auslöschung unserer Geschichte.
Was noch passiert ist, dass diejenigen mit den brennendsten Herzen aus der Bewegung gestoßen werden oder ihre Empathie verlieren: Wer eine intensive Verbindung mit den anarchistischen Idee(n) und Bewegung(en) empfindet, entwickelt meist auch eine Zuneigung zu Gefährt*innen, die vor uns gekommen sind und eine Liebe zur Bewegung allgemein. Dann zu erleben wie es eine Toleranz gegenüber jenen gibt, die deren Verfolgung verschweigen, verteidigen oder feiern, verletzt tief. Das passiert in Linken Räumen andauernd und anarchistischen Räumen oft, als emotionale Reaktion ist dann nur ein Rückzug aus der Bewegung möglich oder selbst kalt gegenüber der Repression zu werden, das heißt die Empathie und damit ein Großteil der Verbindung zu anderen Anarchist*innen zu verlieren. Hat vielleicht schon mal wer darüber nachgedacht, dass einer der Gründe warum auch viele anarchistische Räume so verschlossen sind und nicht auf anderen Menschen zu gehen (in der Linken Szene übrigens genauso, nur die soll halt auch untergehen) unsere Unfähigkeit ist empathisch zu sein? Dazu trägt mit Sicherheit vieles bei, aber Räume mit Menschen zu teilen die unsere Kultur und unsere Geschichte abwerten und/oder auslöschen wollen ist ein großer Faktor.
Was noch durch unsere Toleranz oder Unterwerfung gegenüber dem Marxismus zerstört wird ist die Fähigkeit sich zu begeistern, weiter zu entwickeln und aus der Geschichte zu lernen. Weil ein großer Teil unserer Geschichte wegen des Tabus mit dem Marxist*innen und Liberalen in der ernsthaften Konflikt zu treten, kaum behandelt wird, fehlt uns ein lebendige,  Kämpfe unterstützende Geschichtskultur. Wer sich auf die Suche macht nach Inspiration, vergessenen Ideen, tollen Theorien oder Lösungsansätzen ist oft sehr allein. Denjenigen, die lernen und die anarchistische Bewegung weiter entwickeln wollen werden mit Einsamkeit bestraft und wenn sie verstehen woher das kommt, daher mit der Linken Szene in Konflikt gehen, im wieder im Stich gelassen oder aktiv aus der Bewegung gemobbt. Dies ist einer der bedeutsamsten Ursachen warum der deutschsprachige Anarchismus außerhalb der Waldbesetzungen seit Jahrzehnten stagniert.

Hören wir auf so feige zu sein und suchen wir den offen Konflikt mit der marxistischen und liberalen Linken, statt unsere mutigsten und entschlossensten Gefährt*innen gehorsam zu opfern! Erinnern wir daran, was der Marxismus uns angetan hat und bis heute tut!

² Mit Risiken einzugehen sollte nicht der Selbstaufopferung für einen (höhere) Autorität oder einer rein abstrakte Moral dienen.
³ Auch sogenannte Individualanarchist*innen und Egoisten*innen verbinden sich durch die Erzählung ihrer Kämpfe mit Anderen und größeren Geschichten.

Für die Erinnerung – für den Kampf gegen die linke Auslöschung unserer Geschichte

Die Plakate mit ihren kurzen Lebensgeschichten soll ein Mittel sein diesen Kampf zu unterstützen. Sie lassen sich gut auf A3 ausdrucken und in linken und anarchistischen Läden hängen – mit oder ohne deren Zustimmung. Marxistische Organisationen haben bestimmt auch ein paar Anlässe zu denen sie in nächster Zeit mobilisieren und wollen aus auf ihren Plakaten Platz bieten unsere eigene Geschichte zu erzählen, hehe. Ein andere Möglichkeit ist marxistische bzw. passende Linke Szene Veranstaltungen zu stören und die Geschichte unser Gefährt*innen vorzulesen. Die Möglichkeit z.B. eine Vortrag zu den Gefährt*innen zu machen oder einfach nur mit Mitbewohnis, Freund*innen, Kompliz*innen und/oder Familie gemeinsam über die Geschichte den Austausch zu suchen. Unzählige weitere Optionen existieren.

Und das aller Wichtigste wenn anarchistische oder andere anti-autoritäre Gefährt*innen von der Linken Szene Repression oder auch Gewalt erfahren, weil sie an die Unterdrückung durch den Marxismus erinnern verteidigt sie!

Geschichte, Wahrheit und Held*innen

Auch wenn unseren Leben eine gemeinsame Realität und damit Wahrheit zugrundeliegend, können wir diese als in unserem Erleben und Wahrnehmung beschränkte Wesen nie vollständig erreichen, uns ihr nur annähern. Für die Geschichtserzählung/schreibung heißt dies, dass es nie darum geht die Wahrheit zu erzählen, sondern möglichst wahrheitsnah. Die nachfolgenden Lebensgeschichten wurden soweit machbar aus mehreren Quellen recherchiert und wenn es Widersprüche zwischen ihnen gab, diese entweder erwähnt, auf innere Logik und Qualität der Quellenerzählung geprüft oder bei unwichtig erscheinenden Ereignissen weggelassen. Alleine schon aufgrund der beschränkten zeitlichen und sprachlichen Ressourcen, kann es aber zu Fehlern gekommen sein. Über Ergänzungen und Berichtigungen wird sich daher grundsätzlich gefreut und diese in die Überarbeitungen eingearbeitet, schickt bitte Quellen mit wenn möglich (breaking-the-spell@riseup.net).
Für Marxist*innen und Szene-Verteidiger*innen: Alles was den marxistischen Terror oder Marxismus rechtfertigt wird ggf. gesammelt und dokumentarisch anonymisiert veröffentlicht, bei konkreten (physischen) Bedrohungen gegen Breaking the Spell oder andere Gefährt*innen auch nicht-anonymisiert – ihr wurdet gewarnt!
Zu den historischen Gefährt*innen, an sich sollte noch gesagt werden, dass selbstverständlich niemensch von
ihnen ein*e Held*in war (weil es kein Held*innen gibt) und diese wie die anarchistische Bewegung allgemein immer viele Fehler gemacht und manchmal auch schreckliche, beschissene Dinge getan haben. Wenn es nötig erscheint, wird auf diese eingegangen. Stellen wir sie uns als Personen vor denen wir heute in unseren Räumen, Gruppen und Veranstaltungen begegnen könnten: Als lebendige Gefährt*innen nicht als idealisierte Abziehbilder!
Wir sollten sie auch auf keinen Fall als Märtyrer*innen
betrachten, sondern als Beispiele was unserer Bewegung allgemein angetan wurde und wie wir dagegen gekämpft haben. Von hunderten anderen durch den Marxismus ermordeten Anarchist*innen gibt es ausschließlich Namen (von denen zu Hilfe für weitere Recherchen vielleicht auch noch eine Liste veröffentlicht wird) und manchmal Texte, über viele tausende Andere lässt sie fast gar nichts finden, sie waren nicht weniger wichtig. Und auch die Geschichten der Millionen weiteren durch Marxismus Ermordeten und Unterdrückten sind erzählenswert. Abschließend sollten ihre Geschichten nicht auf die Repression durch den Marxismus reduziert werden, das wäre ein Sieg für diesen. In den Texten wurde dies versucht, aber der Platz und Zeit war knapp, also forscht weiter.

Zur Sprache und Inhalt noch 4. Anmerkungen:

1. Weil eben keine andere Geschlechtsidentitäten bekannt sind und neutrale Pronomen auch eine gewisse Zuschreibung gewesen wären, werden binär „er“ oder „sie“ benutzt. Eine teilweise Alternative wäre der Vorname gewesen, aber Plakate haben nur begrenzt Platz. In der Onlineversion wurde diese Sprache dann der Einheitlichkeit wegen beibehalten.

2. Die Lage von Orten wird oft in der Kurzform „in Nationalstaat“/„(Nationalstaat)“ erklärt, in alle Fällen wird deren Gebietsanspruch abgelehnt.

3. Manchmal wird der ethnische/kulturelle Hintergrund der Geburtsfamilie erwähnt. Das dient dazu insbesondere den großen Anteil kulturell jüdischer (nicht unbedingt religiöser) Anarchist*innen sichtbar zu machen. Deren Geschichte in Europa fast völlig vergessen ist.

4. Teilweise wird in der Onlineversion von „anarchokommunistischen (Gruppen)“ gesprochenen, dann steht auf dem Plakat aber nur „anarchistisch“ nicht „anarchokommunistisch“, weil der Begriff einer längeren Erklärung Bedarf, welche nicht immer noch darauf passte. Gerade auch im deutschsprachigen Raum unternehmen Marxist*innen den Versuch das Wort „Anarchokommunismus“ kulturell zu rauben, um das falsche Bild zu wecken es ginge um eine Vereinigung von Marxismus und Anarchismus. Im Bezug auf osteuropäischen Anarchismus bedeutet anarchokommunistisch der Fokus auf die Organisierung in lokalen Gemeinschaften (Kommunen – nicht im Rahmen von Kommunal-Politik) also z.B. nach/an dem Lebensort. Das grenzt sich z.B. vom Syndikalismus ab, der Menschen vor allem in/über Betriebe(n) organisieren wollte – was für Bäuer*innen (die viele Anarchist*innen waren) tatsächlich nicht viel Sinn macht. Anarchokommunismus betonte (auch wenn es viel Zusammenarbeit zwischen den Strömungen gab) mehr die Gemeinschaft als Individualismus oder Egoismus. Die andere Bedeutung von Anarchokommunismus ist die Ablehnung jedes Geld- und Eigentumssystems in der Anarchie, historisch war dies vor allem gegenüber den Mutualismus und Kollektivismus bedeutsam, heute ist diese Ablehnung die Grundhaltung fast aller Anarchist*innen.

Lebensgeschichten und Plakate:

Nachfolgend findet ihr in dieser alphabetisch (nach Vornamen) sortiert Geschichten von 20 Gefährt*innen mit Fotos. Zwei wurden ausgelassen, weil 1. das Übersichtplakat keine Platz mehr hatte und 2. einer Viktor Bilash, die Bewegung nach wohl massiven Folterung und Drohung mit Ermordung durch die Bolschewiki verriet und die Andere Evgenia Iaroslavskaia-Markon sich nie ganz klar als Anarchistin positionierte (alle anderen waren z.B. in anarchistischen Organisationen tätig), auch wenn sie die Inhalt eindeutig teilt. Vielleicht gibt zu Evgenia und ganz vielleicht Bilash später nochmal was. Am Ende der jeder der Biographien findet ihr weiterführende Links und die Plakatdatei als PDF. Manche Plakate sind gegenüber der Online Version (stark) gekürzt, im Datei-Namen steht dazu entweder „ungekürzt“, „gekürzt oder „stark gekürzt“. Bei größeren Fehler (keinen einzelnen fehlenden Buchstaben mit im Text) schreibt gerne direkt eine Mail an breaking-the-spell@riseup.net.

Übersichtsplakat

MURDERED BY MARXIST – ÜBERSICHT NIEDERIGE AUFLÖSUNG

Alexander Atabekian

Alexander Atabekian wurde 1868 in Shusha/Suhsi (damals Russisches Reich, heute von Aserbaidschan und Armenien beansprucht) als Kind einer adeligen Familie geboren.Zunächst schrieb er politische Artikel für die Zeitung der armenischen sozialdemokratischen Partei. Während seines Medizinstudium in Genua ab 1891 wendete er sich dem Anarchismus zu, arbeitet in einer Druckerei und begann mit der Erstübersetzung vieler anarchistischer Texte ins Armenische. Durch Briefe und Besuche lernte er viele bekannte Anarchist*innen kennen, darunter u. A. Max Nettlau, Élisée Reclus und Peter Kropotkin. Peter wurde ein lebenslanger Freund und Alexander begleitet ihn auch als er auf dem Sterbebett lag. Als Plakat verbreitete Alexander z. B. das Manifest eines der Anarchist*innen, die in Chicago 1887 hingerichtet wurden (Ursprung des 1. Mai).
Er beteiligte sich außerdem
an der armenischen Unabhängigkeitsbewegung und stellte sich gleichzeitig gegen ihren Nationalismus. Wegen den Massakern gegen Armenier*innen, welche sich später zum massenhaften Genozid ausweiteten, litt er emotional schwer.
Zwischeneiszeitlich zog er nach Lyon und Paris. In Paris wurde 1894 mit „Hamayankh“ (Kommune), die erste anarchistische Zeitschrift in Armenisch veröffentlicht. Ob Alexander für diese schrieb ist bis heute unklar. Er schloss sein Studium ab und verließ aufgrund von Strafverfahren Frankreich/Italien, erst lebte er in Bulgarien und arbeitete dann als Arzt 16 Jahre in der Region Reshd des Iran.
1917 zog er im Rahmen der Februar-Revolution nach Moskau. Er war als Autor, Layouter und Drucker an mehreren anarchistischen Publikationen, wie „Anarkhiia“ (Zeitschrift der Moskauer anarchistischen Föderation) und „Pocin“ (zusammen mit Peter Kropotkin) beteiligt und kritisierte die
bolschewikische Übernahme und Unterdrückung der Revolution. Ab 1921 wurde Alexander mehrmals von den Bolschewiki inhaftiert und verbannt. Er starb wahrscheinlich 1940 in einem sowjetischen Lager.

Weiterführendes:
Biography of Armenian anarchist Alexander Atabekian: https://theanarchistlibrary.org/library/cemal-selbuz-biography-of-armenian-anarchist-alexander-atabekian
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Alexander_Atabekian

Alexander Atabekian (gekürzt).pdf

Aron Baron

Aron Baron wurde 1891 in Hlynets (nahe Kyiv) als Kind einer armen jüdischen Familie geboren.
In der Schulzeit wurde er Anarchist und arbeitete später als Bäcker. Aufgrund seiner revolutionären Tätigkeiten u.a. in der Bäcker*innengewerkschaft wurde Aron 1907 verhaftet und verbannt. 1912 floh er in die USA. Dort war er neben der Union Russischer Arbeiter*innen, einer Organisation russischsprachiger anarchistischer Emigrant*innen, bei den Industrial Workers of the World (IWW), einer stark anarchistisch beeinflussten sozialrevolutionären, syndikalistischen Gewerkschaft aktiv. Gemeinsam mit Lucy Parsons war er Herausgeber der anarchistischen Zeitschrift „Alert“ (Alarm). 1915 heiratet Aron Fanya Grefenson, die den Namen Baron annahm.
1917 kehrten beide nach Kyiv zurück. Er wurde von der lokalen Bäker*innengewerkschaft in den lokalen Sowjet (revolutionärem Delegiert*innenrat) gewählt und gründete eine anarchistische Kampfeinheit. Er war an Kämpfen gegen die weißen (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen), österreichisch-ungarische und deutsche Armee beteiligt. Dann nahm er 1918 an der anarchistischen Föderation in der Ukraine Nabat (Alarm) teil.
Zunehmend stellt und organisierter Aron sich gegen die vermehrten Angriffe und Unterdrückung der Bolschewiki gegen die anderen Revolutionären Kräfte. Er wurde mehrmals von der Tscheka (bolschewistischen Geheimpolizei) verhaftet.
Nach der Ermordung seiner Frau Fanya Baron 1921 wurde er fast durchgängig im sowjetischen Lagersystem oder Verbannung gefangen gehalten. Einer der wenigen Anlässe in Freiheit war die Beerdigung von Peter Kropotki vom 10ten bis 13ten Februar 1921, wo er eine Rede gegen die Bolschewiki hielt.
Am 12 August 1937 wurde Aron zusammen mit vielen anderen Anarchist*innen im Gefängnis Tobolsk hingerichtet. Das Schicksal seiner späteren Langzeitpartnerin der Anarchistin Fanya Avrutskaya und ihrem Kind Voltairina (benannt nach Voltairine de Cleyre) ist unbekannt.

Weiterführendes:
Baron, Aron Davidovich (aka Kantorovich, Faktorovich, Poleyevoy) 1891-1937- Nick-Heath: https://libcom.org/article/baron-aron-davidovich-aka-kantorovich-faktorovich-poleyevoy-1891-1937
A Letter of Aron Baron from Tashkent [1929] – Aron Baron: https://gulaganarchists.wordpress.com/2016/05/02/a-letter-of-aron-baron-from-tashkent-1929/
A Letter of Aron Baron from the Solovetsky Islands – Aron Baron: https://gulaganarchists.wordpress.com/2014/04/10/a-letter-of-aron-baron-from-the-solovetsky-islands/
Letter of Aron Baron to Senya Fleshin (Voronezh, 1931) – Aron Baron: https://gulaganarchists.wordpress.com/2014/04/09/letter-of-aron-baron-to-senya-fleshin-voronezh-1931/

Aron Baron (ungekürzt).pdf

Dimitri Popov

Dimitri Popov wurde 1892 in eine Bäuer*innenfamilien im Dorf Kononova in der Provinz Moskau geboren. Mit vierzehn arbeite er in den Moskauer Fabriken. 1917 schloss er sich der Partei der Linken Sozialrevolutionär*innen (linke SRs) an und nahm als Mitglied deren zentralen Ausführungskomitees am Aufstand in Petrograd (heute: Saint Petersburg) teil. 
Er wurde Kommandeur der Roten Garde in Karelien und gründetet die rot-sowjetische, finnische Einheit, welche nach Moskau beordert wurde. Diese wurde am 8. April als deren Kampfeinheit Teil der Tscheka (bolschewikische Geheimpolizei). Dann führte er den Aufstand Linker SRs gegen die Bolschewiki vom 6.-7. Juli 1918 in Moskau an und verhaftet u.a. den Chef der Tscheka und andere bolschewikische Anführer*innen.
Nach der Niederschlagung des Aufstands versteckte er sich. Das Zentralkomitee der Bolschewiki erklärte ihm zu Kriminellen und verurteilt ihn in Abwesenheit zum Tod. Er floh nach Kharkov/Kharkiv und organisierte in der Ukraine einen weiteren Aufstand der linken SRs. Danach kämpfte er unter dem Pseudonym Kormilitsyn in der Roten Armee, während der Schlacht um Bakhmut erkannten die Bolschewiki ihn jedoch und er floh.
Im Herbst 1919 organisierte er eine bewaffnete Gruppe um die Weißen (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) zu bekämpfen, diese schloss sich der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) an. Er begann anarchistische Literatur zu lesen und erklärte sich selbst zum Anarchisten. Er kämpfte sowohl militärisch, als auch durch kulturelle und politische Aufklärungsarbeit.
Er soll in seiner Wohnung in Kharkov/Kharkiv regelmäßig Trinkgelage organisiert haben, weshalb Nestor Makhno, bekanntester Anführer der RAAU, ihm einen Brief zu Erinnerung an „seine große Verantwortung“ schrieb. Er war Teil der Delegation der anarchistischen Föderation der Ukraine (Nabat), freien Territorien und RAAU, welche im November 1920 mit den Bolschewiki einen Bündnis (gegen die Weißen) aushandeln sollte. Die Delegation wurden am 26.11.1920 während der Verhandlungen verhaftet und Dimitri wurde im Mai 1921 hingerichtet.

Weiterführendes:
Popov, Dimitri Ivanovich, 1892-1921 – Nick Heath: https://libcom.org/article/popov-dimitri-ivanovich-1892-1921
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Dmitry_Ivanovich_Popov

Dimitri Popov (gekürzt).pdf

Domingo Ascaso Abadía

Domingo Ascaso Abadía wurde 1895 in Almudévar (Aragon – Spanien) geboren und arbeitet später als Bäcker in Zaragoza, wo er sich einer militanten anarchistischen Gruppe anschloss, welcher u.a. die Tötung des Chefredakteurs vom „Heraldo de Aragón“ einer lokalen konservativen Zeitung zugeschrieben wird. Dieser soll aufständische Soldaten verraten haben.
1921 zog Domingo mit seinem ebenfalls anarchistischen Bruder Francisco nach Barcelona. Dort schloss er sich den anarchistischen Militanten Los Justicieros („den Rächern“ – versuchten u.a. den König zu töten) und später den Los Solidarios („Den Solidarischen“) an, wo er auch Buenaventura Durruti kennenlernte. Als im September 1923 die Diktatur Primo de Riveras begann, floh er vor Strafverfolgung und ging nach Frankreich. Hier traf er Buenaventura und seinen Bruder wieder. Diese organisierten mehrere Guerillaaktionen über die Grenze hinweg.
1929 ließ er sich in Brüssel nieder und verkaufte dort Taschentücher und Schreibwaren. Als 1931 die zweite Spanische Republik ausgerufen wurde, zog er zurück nach Barcelona und wurde Mitglied der Iberischen anarchistischen Föderation (FAI). 1932 wurde er wegen Beteiligung an einem Aufstand kurzzeitig in die spanische Kolonialstadt Dakhla (Westafrika) verbannt. Nach der Rückkehr arbeitet er als Konditor und Delegierte der anarchistischen Gewerkschaft CNT.
Im Juli 1936 mit Beginn des spanischen Bürger*innenkriegs und der anarchistischen Revolution war er im Zentralen Komitee der antifaschistischen Milizen Kataloniens aktiv und leitet die anarchistische Milizeinheit Ascaso Kolone (nach seinem Bruder benannt, der beim Aufstand gegen den Militärputsch im Juli 1936 getötet wurde). Als diese Anfang 1937 ins staatliche Militär gezwungen wurde, verließ er sie. Er wurde während den Maiereignisse 1937 in Barcelona und den Kämpfen dabei von den Stalinist*innen (Kommunistische Partei Spaniens) und der unter ihrem Kommando stehenden Polizei zusammen mit hunderten weiterer Anarchist*innen ermordet.

Weiterführendes
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Domingo_Ascaso_Abad%C3%ADa
The Tragic Week in May: the May Days Barcelona 1937 – Augustin Souchy: https://libcom.org/article/tragic-week-may-may-days-barcelona-1937-augustin-souchy  
Wikepdia -‘Maiereignisse: https://de.wikipedia.org/wiki/Maiereignisse

Domingo Ascaso Abadia(gekürzt).pdf

Fanya Baron

Fanya  Baon wurde als Freida Anisimovna Greck 1887 in Vilnius (heute Litauen, damals Russisches Reich) in eine jüdische, litauische Familie geboren. In jungen Alter zog sie mit ihrer Familie in die USA, wo ihre Familie sich in Grefenson unbenannt. Dort lernte sie den Anarchisten Aron Baron kennen, den sie 1915 heiratet.
In Chicago war sie bei den Industrial Workers of the World (IWW), einer stark anarchistisch beeinflussten sozialrevolutionär, syndikalistischen Gewerkschaft, aktiv und organisierte zusammen mit Aron und Lucy Parsons Demonstrationen. Am 17. Januar 1915 leitet sie den russischsprachigen Revolutionären Chor bei einer Kundgebung bei der u.a. Lucy Parsons sprach, anschließend wurde sie von der Polizei bewusstlos geschlagen und verhaftet (sie kam auf Kaution frei).
1917 kehrte sie im Rahmen der Februar-Revolution zusammen mit Aron nach Russland zurück. Sie baute die anarchistischen Föderation in der Ukraine Nabat (Alarm) mit auf. Sie wurde dann am 25. November 1920 zusammen mit vielen anderen Anarchist*innen bei einer Konferenz in Kharkov/Kharkiv von der Tscheka (bolschewikisches Geheimpolizei) verhaftet.
Am 10. Juli 1921 gelang ihr und 9 anderen Anarchist*innen die Flucht aus dem Gefängnis Ryazan. Anschließend plante sie Aron bei der Flucht aus sener Haft in Moskau zu helfen. Am 17. August wurde sie jedoch erneut von der Tscheka verhaftet. Diesmal in der Wohnstätte von Arons Bruder.
Am 29. September 1921 wurde sie mit der Begründung, „Komplizin bei antisowjetischen kriminellen Handlungen zu sein“ erschossen. Einer der 9 anderen Anarchist*innen, die mit ihr ermordet wurden war der Dichter Lev Chernyi. Aron Baron wurde 1937 in einem sowjetischen Lager ermordet. Fanya Baron soll bis zum Moment ihrer Hinrichtung Widerstand gegen ihre Henker*innen geleistet haben.

Weiterführendes:
Baron, Fanya aka Fanny Grefenson, aka Anisimovna aka Fanny Baron 1887-1921 – Nick Heath: https://libcom.org/article/baron-fanya-aka-fanny-grefenson-aka-anisimovna-aka-fanny-baron-1887-1921 
Fanya Baron – Biography: https://www.jewage.org/wiki/en/Article:Fanya_Baron_-_Biography
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Fanya_Baron

Fanya Baron(ungekürzt).pdf

Fedir Shchus

Fedir Shchus wurde 1893 im kleinen Dorf Dibrivka (damals russisches Reich, heute Ukraine) geboren. Er war Kind einer armen Bäuer*innenfamilie. 1915 wurde er einberufen und meldet sich für die Marine, wo auf einem Kriegsschiff im Schwarzen Meer stationiert wurde. Er soll während seiner Zeit bei der Marine sehr viel Kampfsport trainiert haben. Als die Revolution 1917 ausbrach kehrte er in seine Heimstadt zurück. Dort gründet eine Schwarze Garde Einheit. Die Schwarzen Garden waren anarchistischen Kampfeinheiten, sie enteigneten u.a. und töten auch manchmal lokale Großgrundbesitzer und andere Kapitalist*innen, sowie hohe staatliche Funktionäre. Später beteiligte sich die von Fedir angeführten Einheiten an Kämpfen mit den Mittelmächten (Deutschland, Ostereich-Ungarn, Osmanisches Reich und Bulgarien). Im Juli 1918 erlitten sie eine Niederlage gegen die österreich-ungarische Arme, welche Dibrivka besetzte und die Aufständischen zum Rückzug in die dichten Wälder zwang. Gemeinsam mit Kämpfer*innen der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) gelang es später die österreichisch-ungarischen Soldaten aus dem Dorf zu vertreiben. Am 5. Oktober 1918 wurde Dibrivka dann von diesen zerschossen und erneut besetzt.
Im November wurde Fedirs Einheit auf dem Rückzug teilweise aufgerieben und er erlitt eine Schusswunde am Beim. Immer wieder kam es zwischen Fedir und Nestor Makhno den Anführer RAAU zu Konflikten, weil Fedirs Truppe unangemessen (wahrscheinlich daher nicht nur Reiche) geplündert haben soll. Nachdem am 24. Juni 1919 endgültig der offene Kampf mit den Bolschewiki ausgebrochen war zog sich Fedir mit 250 Kämpfer*innen auf die Rechte Dnipro Seite zurück. Dort gab es kurz den Versuch sich mit einen von Bolschewiki abtrünnigen ukrainischen linksnationalistischen General zu verbünden. Nachdem dieser in Erwägung sich mit der Weiße Armee (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) zu verbünden erschossen die Anarchist*innen ihn und seine Kämpfer*innen schlossen sich ihnen an. Bis Juni 1921 kämpfte Fedir mit einer der letzten verbliebenen anarchistischen Guerillagruppen gegen die Rote Armee, die ihn schließlich ermordet.

Weiterführendes:
Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Fedir_Shchus

Fedir Shchus (gekürzt).pdf

Foma Kozhyn

Foma Kozhyn wurde am Ende des 19. Jahrhunderts in Katerynivka in der Region Donetsk (damals Russisches Reich, heute umkämpft zwischen Ukraine und Russland) geboren. Im Dezember 1918 leitet er eine aufständische Einheit, welche in die Rote Armee integriert wurde. 1919 befehligte er ein Maschinengewehr-Team welches Teil des 13ten Sowjet-Regimentes war und wurde später Brigade-Kommandeur.
Zu diesen Zeitpunkt hatte er bereits anarchistische Ansichten. Als die Bolschewiki begannen eine reguläre staatliche Armee aufzubauen und vorher oft von Rät*innen und Arbeiter*innen kontrollierte Betriebe zu verstaatlichen, sowie die basisdemokratischen Räte (Sowjets) zu entmachten, floh er am 20. Juni 1919 zusammen mit seinem Maschinengewehr-Team und schloss sich der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) an. Die Bolschewiki schickten eine Sondereinheit, um ihn festzunehmen, diese wurde von Fomas Einheit jedoch getötet. Er beteiligt sich an der Planung mehrerer Erfolge gegen die Weiße Armee (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) u.a. in Melitopol und auf der Krim.
Als die Bolschewiki die RAAU im Sommer 1919 zu Kriminellen, erklärten ging Foma kurzzeitig in seiner Heimatregion zurück. Die Tscheka (bolschewikische Geheimpolizei) war ihm aber bereits auf den Fersen und er organisierte neue Kampfeinheiten. Seine Einheit aus 300 Kavallerist*innen und 12 pferdegezogenen Maschinengewehren zog durch mehrere Dörfer und Städte, dabei zerstörte sie die lokalen staatlichen Aufzeichnungen und tötete Militärkommissare und Polizisten. In Starobesheve besiegte er eine Einheit der Roten Armee.
Im April erreichten sie andere Aufständische, wenige Tage später erlitten sie ein heftige Niederlage gegen Einheiten der Tscheka. Dabei verloren sie auch eine Schwarze Fahne mit der Aufschrift: „Frei leben oder sterben!“ und eine Rote Fahne mit: „Lange Lebe die Rote Armee, welche die Soziale Revolution verteidigt“. Sie flohen in die Überschwemmungsgebiete der Dnieper.
Zusammen mit Fedir Shchus leitet er später weitere Kampfeinheiten, die den Kampf gegen die Bolschewiki fortsetzten. Im Sommer 1921 wurde die Lage der Aufständischen jedoch immer aussichtsloser. Die genauen Umstände und der Zeitpunkt von Fomas Tod sind unklar, entweder soll er im Kampf gegen die Rote Armee tödlich verwundet worden sein, sich aufgrund einer Verwundung (aus Angst vor Genfangnahme) selbst getötet haben oder von den Bolschewiki hingerichtet worden sein. In jeden Fall haben sie ihn ermordet.

Weiterführendes:
Kozhin, Foma (18?- 1921) – Nick Heath: https://libcom.org/article/kozhin-foma-18-1921
Wikidpedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Foma_Kozhyn

Foma Kozhyn(gekürzt).pdf

Francesco Ghezzi

Francesco Ghezzi wurde 1893 in Mailand, geboren. Er schloss sich der anarchistischen Bewegung während der Solidaritätskampagne für den anarchistischen (Anti-)Pädagogen Francisco Ferrer an, der am 13. Oktober 1909 vom spanischen Staat hingerichtet wurde. 1916 organisierte er in Mailland eine große Anti-Kriegsdemonstration gegen den Ersten Weltkrieg und wurde dabei kurzzeitig verhaftet.
Francesco floh 1917 vor den Militärdienst in die Schweiz und reiste anschließend durch verschiedene europäische Länder. 1921 nahm er für eine italienische anarchosyndikalistische Gewerkschaft (Unione Sindacale Italiana) und Schweizer kommunistische Jugend an einem Gewerkschaftskongress in Russland teil. Als er Russland verließ nahm er Aufnahmen der Beerdigung Peter Kropotkins mit. Anschließend reiste er weiter durch Europa, lebte eine Zeitlang in Berlin. Dort nahm er 1922 am Kongress der anarchosyndikalistischen Internationalen teil, wurde danach  im Knast Moabit inhaftiert. Er entging der Abschiebung nach Italien indem er sich als russischer Staatsbürger ausgab und nach Russland deportieren ließ.
Ab 1923 lebte er in Yalta in einer Landwirtschaftlichen Kommune, dort besuchten ihn italienischsprachige Anarchist*innen im Exil. 1924 schrieb er gegen die Verhaftung des Anarchisten Nicolas Lazarévitch durch die Sowjetunion einen Protestbrief. Einige Jahre später zog er nach Moskau, arbeitet dort im Kropotkin Museum und half Kontakt zwischen den größtenteils aus dem Untergrund handelnden russischen/russischsprachigen Anarchist*innen und der weltweiten Bewegung herzustellen.
1929 wurde er erstmals vom OGPU (der sowjetischen Staatssicherheit) kurzzeitig verhaftet und verbrachte ab 1937 den Rest seines Lebens in sowjetischer Inhaftierung. Während dieser Zeit schrieb er: „Ich erkläre, dass ich ein Anarchist war und bleiben werde und dass niemand meine Überzeugungen ändern wird.“ Er starb am 03.08.1942 im Arbeitslager Vorkuta, kurz bevor er hingerichtet werden sollte.

Weiterführendes:
On Francesco Ghezzi, 1951 – Rudolf Rocker: https://theanarchistlibrary.org/library/rudolf-rocker-on-francesco-ghezzi
Thoughts on Francesco Ghezzi, 2020 – Kate Sharpley: https://libcom.org/article/thoughts-francesco-ghezzi
Francesco Ghezzi: Italian Anarchist in Vorkuta – Barbara Ielasi and Mikhail Tsovma: https://www.katesharpleylibrary.net/sj3w24

Francesco Ghezzi(ungekürzt).pdf

Grigori Gorev

Grigori Gorev wurde 1890 in der Region Ekaterinoslav (Damals Russisches Reich, heute Region Dnipro Ukraine) geboren. Er war Kind einer Arbeiter*innenfamilie. Grigori war als Mechaniker/Dreher tätig.
Ab 1917 war er dort und später in Gulyai Polye (heute: Huliaipole) in einer anarchokommunistischen Gruppe aktiv. Anarchkommunismus ist in diesem Fall die Vorstellung sich vor allem nach dem Ort des Zusammenlebens zu organisieren und dort starke Beziehungen aufzubauen, auch in seinen anderen Bedeutungen ging es nie um die Verbindung von Anarchismus und Marxismus.
Am 16. April 1918 kam es in Gulyai Polye zu einem anti-revolutionären Putsch innerhalb/gegen den lokalen Sowjet (revolutionären Rat) durch ukrainische Nationalist*innen, die später deutsche Truppen in den Ort holten. Grigori wurde verhaftet, jedoch unter der Bedingung die Stadt zu verlassen, freigelassen. Zusammen mit dem Anarchisten Boris Veretelnikov organisierte Grigori am nächsten Tag Treffen mit den Bäuer*innen einer jeden Nachbar*innenschaft auf denen diese für die Forderung der Freilassung aller durch den Putsch Gefangengenommenen stimmten. Alle Gefangenen wurden auf Grund dieses Druckes freigelassen.
Im Herbst 1918 schloss sich Grigori der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) an und war in ihrem Hauptquartier tätig. Ende Dezember war Grigori an der Aushandlung eines Bündnisses mit dem Bolschewiki beteiligt, dem es kurzzeitig gelang Ekaterinoslav (heute Dnipro) von den republikanischen, ukrainischen Nationalist*innen um Symon Petliura zu befreien.
Am 24. April 1919 wurde Grigori gemeinsam mit anderen Mitgliedern der RAAU in Ekaterinoslav von der Tscheka (bolschewistischen Geheimpolizei) verhaftet, kam nach einigen Tagen wieder frei und bliebe für da Hautquartier der RAAU aktiv. Im Sommer 1919 wurde er von der Roten Armee ermordet.
Weiterführendes:
Gorev, Grigori (1890-1919) Nick Heath:
https://libcom.org/article/gorev-grigori-1890-1919
Nestor Makhno: Anarchy’s Cossack – Alexandre Skirda:
https://theanarchistlibrary.org/library/alexandre-skirda-nestor-makhno-anarchy-s-cossack

Grigori Gorev(ungekürzt).pdf

Hryhory Vasylivsky

Hryhory Vasylivsky wurde in der Stadt Gulyai Polye (heute: Huliaipole) in der Region Zaporizhzhia/Zaporizka (damals Russisches Reich, heute umkämpft zwischen der Ukraine und Russland) in eine ärmliche Bäuer*innenfamilie geboren. Sein genaues Geburtsdatum ist unbekannt.
In Folge der Revolution 1905 schloss er sich der Vereinigung armer Bäuer*innen – der lokalen Anarchistischen Gruppe an. Die Gruppe führte eine Reihe von Enteignungen in Form von bewaffneten Überfällen auf Reiche und Staatseinrichtungen durch. Hryhory wurde ein enger Freund von Nestor Makhno (ebenfalls in Gulyai Polye geboren) dem späteren Anführer der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU).
Für die RAAU leitet Hryhory Kampfeinheiten. Im April 1919 schloss er sich in Mariupol einer Kontrrazvedka Einheit (Organisation der RAAU für Informationsbeschaffung, Attentate und Gegenspionage) unter der Leitung Lev Zadovs an.
Er wurde einer der Leiter des militärischen Teils der Kontrrazvedka und beteiligte sich u.a. an der Tötung des ukrainischen linksnationalistischen Militärführers Nykyfor Hryhoriv. Mit diesen hatte die RAAU erst überlegt ein Bündnis zu schließen, nachdem es jedoch Hinweise darauf gab das er ein Bündnis mit den Weißen (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) plante und sich an antisemitischen Pogromen beteiligt haben soll, entschieden sie ihn zu töten. Seine Truppen schlossen sich der RAAU an. Hryhory beteiligt sich außerdem an der Aufdeckung eines von den Bolschewiki geplanten Mordkomplotts gegen die Anführer*innen der RAAU. Im Nachklang wurde die vermehrt, u.a aufgrund ihres Vorgehens und dem Ausmaß ihrer Gewalt, in der Kritik stehende Kontrrazvedka aufgelöst und durch eine wesentlich stärker durch die Rät*innen der Aufständischen/Anarchist*innen kontrollierte Organisation ersetzt. Hryhory war dort ebenfalls aktiv. Später sagte er den geplanten Verrat der Bolschewiki bei den Bündnisverhandlungen (gegen die Weißen) mit der RAAU am 26.11.1920 voraus. Er wurde am 2. Januar 1921 bei Kämpfen mit der Roten Armee ermordet.

Weiterführendes: 
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Hryhory_Vasylivsky

Hryhory Vasylivsky(ungekürzt).pdf

Lev Chernyi   

Lev Chernyi wurde unter dem Namen Pavel Dimitrievich Turchanino als Kind eines Armeeoberst geboren. Sein Geburtsdatum ist unbekannt. Er war individualistischer Anarchist und setze sich in seinem 1907 veröffentlichten Werk „Assoziationaler Anarchismus“ für die „Freie Verbindung unabhängiger Individuen ein“.
Nach der Veröffentlichung seines Buchs wurde Lev für seinen revolutionären Tätigkeiten vom zaristischen Russland in Sibirien inhaftiert.
1917 kam er aufgrund der Februar-Revolution frei und zog noch Moskau, wo er Sekretär der Anarchistischen Föderation Moskau und einer der wichtigsten Ideologen der anarchistischen Bewegung wurde.
Am 5. März 1918 stell er sich bei eine Versammlung gegen die Russische Sowjet Republik und erklärte der sozialistische Staat sei für Anarchist*innen genauso ein Feind wie der vorangegangene bürgerliche Staat. Im Frühling 1918 wurden dann die ersten anarchistischen Kampfeinheit der Schwarzen Garden aufgestellte, um sich gegen die zunehmende Repression der Bolschewiki zu verteidigen.
Am 11. April stürmten Einheiten der Tscheka (bolschewikische Geheimpolizei) das Haus der Anarchie in Moskau (heute Lenkom Theater) und ermordeten während der Kampfe um das Gebäude 40 Anarchist*innen. Anschließend wurden hunderte weitere verhaftet. Es bildet sich eine neue militante anarchistische Gruppe – der Anarchistische Untergrund. Lev schloss sich dieser an. Am 25. September 1919 sprengten sie das Hauptquartier der Bolschewiki in Moskau in die Luft. Im Nachklang wurde Lev Chernyi zusammen mit Fanya Baron und 8 weiteren Anarchist*innen verhaftet und am 29 September 1921 erschossen.

Weiterführendes:
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Lev_Chernyi
Die Erklärung zum Anschlag am 25. September findet ihr in diesem Aufruf: https://breakingthespell.blackblogs.org/2023/07/16/nieder-mit-den-morderinnen-der-freiheit-aufruf-zu-einer-anarchistischen-aktionswoche-gegen-linke-einheit/

Lev Chernyi(ungekürzt).pdf

Lev Zadov

Lev Zadov wurde 1893 in der armen jüdischen Bäuer*innensiedlung Veselaya in der Südukraine (damals Russisches Reich) geboren. Sein Familie zog später nach Yuzovka in der Region Donetsk, wo sein Vater als Kutscher arbeitete. Nach seiner Grundschulzeit arbeitet Lev als Metalarbeiter und schloss sich in seiner Fabrik einer anarchistischen Gruppe an.
Zu ihrer Finanzierung raubten sie u.a. ein Amtskasse, ein Post-Büro und einen Minenleiter aus. 1913 wurde er von der zaristischen Geheimpolizei verhaftet und saß bis zur Februar-Revolution 1917 im Gefängnis. Dann kämpfte er als Teil der Roten Armee unter dem Pseudonym Zinkovsky gegen die deutsch-österreichischen Besetzungstruppen und leitet den Sowjet (revolutionären Rat) in Yuzovska.
Im August 1918 brach er mit der Roten Armee und organisierte eine eigene anarchistische Kampfeinheit, welche Teil der anarchistische Revolutionäre Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) wurde. Auf seinen Vorschlag hin gründete die RAAU ihre eigene Organisation für Informationsbeschaffung, Attentate und Gegenspionage die Kontrarrazvedka. Die Kontrarrazvedka war unter Anarchist*innen aufgrund ihres (teils geheimen) Vorgehens und dem Ausmaß ihrer Gewalt umstritten und sollte sehr kritisch betrachtet werden.
Bis Mitte 1920 war er maßgeblich am Aufbau der Kontrarrazvedka und deren Aktivitäten beteiligt. Im August 1921 nach der Zerschlagung der RAAU half er vielen ihrer Anführer*innen darunter Nestor Makhno (mit dem und dessen Frau Halyna er befreundet war) zur Flucht über die rumänische Grenze. Dort schuf er zusammen mit seinem Bruder Daniilo ein Zentrum für die geflüchteten Anarchist*innen und ließ sich später vom sowjetischen Geheimdienst (OGPU und dann NKVD) anwerben. Sein Spionage-Netzwerk bestand größtenteils aus geflüchteten Anarchist*innen. Es ist nicht sicher, aber Viel spricht dafür, dass er als Doppelagent für die anarchistische Bewegung tätig war. Als das 1935 Netzwerk zusammenbrach, begannen Ermittlungen des NKVD und es wurden ca. 90 (ehemals aktive) Anarchist*innen verhaftet, die eine anarchistische Zelle in Odessa aufgebaut haben sollen. Levi bestritt dies.
Es gibt keinerlei Hinweise, dass Lev Informationen über Anarchist*innen oder andere Sozialist*innen an den NKVD weitergab. Er wurde am 25. September 1938 in Kyiv hingerichtet.

Weiterführendes:
Zadov, Lev Nikolaevich aka Zinkovsky aka Leva aka Levka the Bandit 1893-1938 – Nick Heath: https://libcom.org/article/zadov-lev-nikolaevich-aka-zinkovsky-aka-leva-aka-levka-bandit-1893-1938
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Lev_Zadov

Lev Zadov(gekürzt).pdf


Luigi Berneri


Luigi Camillo Berneri wurde 1897 in Lodi in der Lombardei (Norditalien) geboren. Seine Mutter war Lehrerin und sein Vater lokaler Staatsangestellter. Väterlicherseits war die Familie mit der republikanischen nationalistischen Bewegung Italiens verbunden. In seiner Kindheit erkrankte er mehrmals schwer.
Als er politisch aktiv wurde, war er zunächst Mitglieder der Jugend Föderation der sozialistischen (sozialdemokratischen) Partei Italiens und schrieb für die Zeitung l’Avanguardia. Aufgrund der Nicht-Unterstützung der Sozialistischen Jugend Föderation für Unruhen gegen den Ersten Weltkrieg in der Reggio Emilia, wo er lebte, verließ er die Föderation (Die Sozialistische Partei positioniert sich weder für noch gegen den Krieg. Luigi war klar gegen den Krieg). Einer seiner Freund*innen wurde der anarchistische Buchbinder Torquato Gobb.
Luigi heiratet die Anarchistin Giovanina Caleffi mit welcher er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Ihre beiden Kinder Giliana und Marie Louise Berneri waren auch Anarchist*innen. Giliana schrieb u.a. für die französische anarchistische Zeitung Le Libertaire und Marie war beim anarchistischen Verlag Freedom Press aktiv.
Als Luigi einberufen wurde agitierte er in der Armee weiter gegen den Krieg. Nach dessen Ende arbeitete er als Philosophie-Professor und gründete u.a. zusammen mit Errico Malatesta die italienische anarchistische Union (welcher zur Hochzeit fast 700 Gruppen angehörten) und deren Zeitung „Umanità Nova“. 1920 nahm er an Fabrikbesetzungen in Norditalien teil.
Als 1926 die faschistische Repression, die letzten öffentlichen anarchistischen Aktivitäten unmöglich machte, musste Luigi nach Frankreich fliehen. Dort schrieb er u.a. mehrere Analysen zur Psychologie des italienischen Faschismus und zum Antisemitismus. In dieser Zeit wurde er wiederholt des Landes verwiesen und saß zweimal im Knast. Weil alle Länder um Frankreich herum ihn ebenfalls auswiesen, konnte er aber in Paris bleiben.
Mit Beginn des spanischen Bürger*innenkriegs und der anarchistischen Revolution macht er sich mit Waffen und Munition im Gepäck auf den Weg nach Katalonien. Dort wurde ihm eine Position im ökonomischen Rat angeboten, weil er aber begriff, dass es sich um einen Regierungsposten handelte, lehnte er ab und veranstaltete stattdessen einen Versammlung zu der ca. 100.000 Menschen kamem, wo er Grußworte von italienischen Anarchist*innen weitergab. Kurzzeitig nahm er in einer italienischsprachigen anarchistischen Einheit an den Kämpfen gegen die Faschist*innen an der Front teil, wegen Seh- und Gehörschwierikeiten kehrte Luigi jedoch nach Barcelona zurück. Er stellte sich gegen die Ideologie des Antifaschismus und die Militarisierung (Verstaatlichung) der Milizen. Für ihn war der bewaffnete Kampf nur zusammen mit der Revolution zu gewinnen.
Luigi wurde am Ende der Maiereignisse 1937 in Barcelona von den Stalinist*innen (Kommunistische Partei Spaniens), wohl auf direkten Befehl aus Moskau, zusammen mit dem Anarchisten Francesco Barbieri ermordet.

Weiterführendes
Berneri, Luigi Camillo, 1897-1937 – Toni – Übersetzung: David Short
https://libcom.org/article/berneri-luigi-camillo-1897-1937:
Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Camillo_Berneri
Texte von Beneri (auf Englisch):
https://struggle.ws/berneri.html
Giliana Beneri – Nick Heath:
https://libcom.org/article/berneri-giliana-1919-1998
Marie Louise Berneri – aus From “Freedom / 100 Years” by Freedom Press:
https://libcom.org/article/berneri-marie-louise-1918-1949
Giovanina Calleffi – Nick Heath:
https://libcom.org/history/caleffi-giovanina-1897-1962
The Tragic Week in May: the May Days Barcelona 1937 – Augustin Souchy:
https://libcom.org/article/tragic-week-may-may-days-barcelona-1937-augustin-souchy
Wikepdia – Maiereignisse:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maiereignisse

Luigi Berneri(stark gekürzt).pdf

Nikolai Belyaev

Nikolai Mikhailovich (Nikita) Belyaev wurde entweder 1898 oder 1900 in einer Arbeiter*innenfamilie in der Stadt Tula (Russisches Reich – 120 km südlich von Moskau) geboren. Er erhielt ein Grundschulausbildung und war nach einem Bericht der Tscheka (bolschewistischen Geheimpolizei) Analphabet.
Zunächst war er im radikalsten Teil der Partei der Sozialrevolutionäre (SRs) den Maximalisten*innen aktiv und wechselte dann 1918 in die anarchistische Föderation Tula. Kurz darauf 1919 waren die Anarchist*innen aufgrund der bolschewistischen Repression bereits hauptsächlich im Untergrund tätig. Die Anarchist*innen führten zusammen mit Maximalist*innen und Mitgliedern der Linken SRs (einer weiteren Abspaltung der SR) mehrere Enteignungsaktionen durch und konnten neben Geld 100 Gewehre, ein Maschinengewehr und mehrere Bomben in die Hände bekommen. Nikita war anscheint, auch nachdem er aufgrund von Konflikten die anarchistische Gruppe verließ, der für die Waffen zuständige Quartiermeister.
Im November 1919 wurde er verhaftet und zu 5 Jahren Lager verurteilt. In den Jahren seiner Haft gelang ihm mehrmals kurzzeitig die Flucht und er versucht mit Anarchist*innen außerhalb der Sowjetunion in Kontakt zu bleiben. 1926 wurde er in Kyzylorda (Kazakhstan) erneut verhaftet, weil er zusammen mit A.V. Pankratov gegen die offizielle Demo und die Benennung eines Militärflughafens „in Gedenken“ an Sacco and Vanzetti, zwei italienische Anarchist*innen, die von den USA exekutiert wurden, protestierte. Die Sowjetunion nutzte ihre Hinrichtung zur Propaganda gegen die USA, während sie selbst tausende Anarchist*innen inhaftierte, folterte und ermordete.
Nikita verbrachte sein restliches Leben in Verbannung oder Lager. Vor seiner nächsten Verhaftung arbeitet 1935 er kurzzeitig als Dreher in einem Kraftwerk in Minusinsk. Im Juni 1936 wurde er wegen der Gründung einer anarchistischen Gruppe dort letztmalig verhaftet und am 13. August 1937 zusammen mit dem Anarchist*innen Aron Kopelevich Volchenok erschossen.

Weiterführendes: Belyaev. Nikolai Mikhailovich (Nikita) (1898 or 1900-1937) – Nick Heath: https://libcom.org/article/belyaev-nikolai-mikhailovich-nikita-1898-or-1900-1937

Nikolai Belyaev(ungekürzt).pdf

Olga Malitskaya

Olga Ivanovna Malitskaya wurde 1881 als Kind einer niederen Adelsfamilie in Zamosc (damals Russisches Reich, heute Zamość Polen) geboren und wurde Anarchistin in den späten 1890ern.
Zusammen mit ihrem Partner Nikolai Rogdaev war sie federführend bei der Entstehung der ersten anarchokommunistischen Gruppen in Russland und im Exil. Anarchokommunismus ist in diesem Fall die Vorstellung sich vor allem nach dem Ort des Zusammenlebens zu organisieren und dort starke Beziehungen aufzubauen, auch in seinen anderen Bedeutungen ging es nie um die Verbindung von Anarchismus und Marxismus.
Zwischenzeitlich lebte sie in Genua und begann dann 1905 mit anarchistische Untergrundarbeit im Russischen Reich. Sie war u.a. in Kyiv aktiv. Dann wurde Olga mehrmals kürzere Zeit inhaftiert und begab sich 1908 wieder ins Exil u.a. in Genua und Toulouse, währenddessen nahm sie an vielen anarchistischen Konferenzen teil.
Mit dem Ausbruch der Februar-Revolution 1917 wurde sie wieder in Russland aktiv. Anschließend verliert sich ihre Spur zeitweilig. 1932 waren sie und ihr Partner in Tashkent verbannt. Nikolai starb dort im selben Jahr (wahrscheinlich mitverursacht durch die Repression).
Olga zog nach Moskau und arbeitet dort als Leiterin einer Fabrikbibliothek. Sie wurde am 21. August 1937 verhaftet und am 23. September von der sowjetischen Geheimpolizei hingerichtet.

Weiterführendes
Malitskaya, Olga Ivanovna (Yanovna) (1881-1937) – Nick Heath:
https://libcom.org/article/malitskaya-olga-ivanovna-yanovna-1881-1937
Rogdaev, Nikolai 1880-1932 aka Uncle Vanya – Nick Heath:
https://libcom.org/article/rogdaev-nikolai-1880-1932-aka-uncle-vanya

Olga Malitskaya(ungekürzt).pdf

Olga Taratuta

 

Olga Taratuta wurde unter dem Namen Elka Ruvinskaya 1876 in Novodmitrovka in der Nähe von Kherson (damals Russisches Reicht, heute Ukraine) geboren. Sie war Kind einer jüdischen Familie und ihr Vater betrieb ein kleines Geschäft. Nach ihrer Schulzeit arbeitet sie als Lehrerin und danach in der Metallindustrie.
Mit 19 wurde sie zum ersten Mal verhaftet. In Yelysavethrad (heute Kropyvnytskyi) schloss sie sich 1898 der Sozialdemokratischen Partei an, bis s
ie 1901 nach Deutschland und in die Schweiz fliehen musste. Dort arbeitet sie an der marxistischen Zeitschrift Iskra mit und traf auch Lenin. 1903 schloss sich Olga einer anarchistischen Gruppe in Genf an und heiratet den Anarchisten Alexander Taratuta.
Die beide reisten Anfang 1904 nach Odessa, wo
sie sich zusammen mit ihrer Schwester Kahyla den Unversöhnlichen anschlossen. Zu dieser Zeit erfuhr die Bewegung sehr viel Repression, trotzdem weiteten sich anarchistische Kämpfe aus: 1906 war sehr intensiv in Odessa – es kam zu vielen Streiks, Olga und Gefährt*innen sprengten einen Dampfer einer streikbrechenden Rederei in die Luft. Sie warf auch Bomben auf Mitglieder einer ultranationalistischen Organisation, welche anti-jüdische Pogrome organisierte. Im Laufe des Jahres wurde sie zu 17 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, konnte aber aus dem Gefängnis entkommen. Auch ihre Schwester wurde erst zum Tod, dann zu 20 Jahren Zwangsarbeit in einem Lager für „weibliche Terroristinnen“ verurteilt. Sie wurde 1911 gesundheitsbedingt zwar freigelassen, danach ist nichts mehr über sie bekannt. Vermutlich war ihr Schicksal kein Gutes.
Olga plante weitere Attentate, Anschläge und Gefangenenbefreiungen. Dem Staat gelang jedoch schließlich sie von 1908 bis 1917 im Knast Lukyanivska in Kyiv zu inhaftierten. Mit Beginn der Februar-Revolution kam sie frei und wurde bei der Gefangenenhilfe Organisation Anarchist Red Cross aktiv.
Im Juni wurde sie in das Sekretariat der anarchistischen Föderation in der Ukraine Nabat (Alarm) gewählt und repräsentierte in Kharkov/Kharkiv
die anarchistische Revolutionäre Aufständische Armee der Ukraine (RAAU). Aus deren Kreisen erhielt sie 5 Millionen Rubel für das Anarchist Red Cross der Ukraine, welches sich in Anarchist Black Cross umbenannte. 1921 wurde sie im Rahmen der Zerschlagung der anarchistischen Bewegung durch die Bolschewiki verhaftet, sie war bis 1924 erst in Haft und dann in Verbannung.
Danach schmuggelte sie u.a. anarchistische Literatur in die Sowjetunion. 1929 kam sie erneut 2 Jahre in Haft. In den 1930er verschwimmt ihre Spur. 1937 arbeitet
e sie in einer Moskauer Metallfabrik als Bohrerin. Ende 1937 wurde sie wegen „anarchistischer und anti-sowjetischer Aktivitäten“ verhaftet und am 08.02.1938 hingerichtet.

Weiterführendes
Life of Olga Taratuta and Anna Stepanova – Anarchist Black Cross Belarus:
https://abc-belarus.org/en/2022/09/19/life-of-olga-taratuta-and-anna-stepanova/?lang=en
Taratuta, Olga Ilyinichna 1876-1938 (real name Elka Golda Elievna Ruvinskaia) – Nick Heath: https://libcom.org/article/taratuta-olga-ilyinichna-1876-1938-real-name-elka-golda-elievna-ruvinskaia

Olga Taratuta (stark gekürzt).pdf

Panteleimon Belchub

 

Panteleimon Fedorovich Belchub wurde 1892 in Stary Krim (Nähe Mariupol) als Kind einer bäuerlichen Familie geboren. Er kämpfte während des Ersten Weltkriegs in einer Artillerieeinheit der russischen Armee. 1917 begann er mit dem Anarchismus zu sympathisieren. Dann schloss er sich 1919 der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) an. Diese verteidigte die freien Sowjets (revolutionären Delegiert*innenräte) und (anarchistischen) Freien Territorien dort. Er wurde zum Leiter verschiedener Einheiten gewählt und nahm an Kämpfen gegen die Weiße Armee (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) teil. Im Februar 1921, zu einem Zeitpunkt wo die RAAU kaum noch kampffähig war, ergab er sich den Bolschewiki. Er wurde kurzzeitig inhaftiert und dann freigelassen. Anschließend kehrte Panteleimon in sein Heimatdorf Stary Krim zurück und war dort bis 1927 Bürgermeister. Währenddessen behielt er Kontakt zu ehemaligen Gefährt*innen der RAAU, es ist aber unklar ob er an deren anarchistischen Untergrundaktivitäten aktiv teilnahm.
1927 gab er das Bürgermeisteramt auf und zog sich auf einen Bauernhof zurück. Ungefähr ab dann beteiligte er sich zusammen mit dem Anarchisten Avraam Budanov daran in der Region um Mariupol Bäuer*innen und Arbeiter*innen in der Region Mariupol gegen das Sowjetische Regime zu agitieren. Sie wollten neue Guerillagruppen aufbauen und sich u.a. bewaffnet der Verstaatlichung/Enteignung der Kleinbauer*innen widersetzen, welche in den 1930ern zum Holodomor (der Ermordung durch Hunger von Millionen von Menschen durch die Sowjetunion) führte. Beide wurden verhaftet und am 15. April 1929 durch Erschießung ermordet.

Weiterführendes
Belochub, Panteleimon Fedorovich (1892-1929) – Nick Heath
https://libcom.org/article/belochub-panteleimon-fedorovich-1892-1929
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Panteleimon_Belochub

Panteleimon Belchub (ungegekürzt).pdf

Piotr Rybin

Piotr Rybin wurde 1885 in der Provinz Jelez (Russisches Reich ungefähr 350 km südlich von Moskau) geboren. Er nahm an der Revolution in Russland 1905-1907 teil. 1907 wanderte er in die USA aus und wurde aktiv in der Union Russischer Arbeiter*innen, einer Organisation russischsprachiger anarchistischer Emigrant*innen. Er lebte u. a. in Pittsburgh und arbeitet als Drechsler und Maschinist.
1917 kehrte er im Rahmen der Februar-Revolution ins Russische Reich in die Region Ekaterinoslav (heute Region Dnipro in der Ukraine) zurück. Dort war er in der anarchistischen Bewegung und Metallarbeiter*innen Gewerkschaft aktiv. Während des Sommers 1918 schloss er sich der Roten Armee an und wurde Offizier in der dritten Armee. Er war Teil einer Gruppe, die zu diesem Zeitpunkt überlegt Mitglied der Kommunistische Partei Mitglied zu werden.
Im Sommer 1920 wurde ihm der gegen die Befreiung der Arbeit*innenklasse gerichtete Charakter des Bolschewismus bewusst und seine Postionen wurden wieder eindeutig anarchistisch. Im Oktober 1920 schloss er sich der anarchistischen Revolutionären Aufständischen Armee der Ukraine (RAAU) in Gulyai Polye (heute: HuliaipoleRegion Zaporizhzhia/Zaporizka – damals Russisches Reich, heute umkämpft zwischen der Ukraine und Russland) und den freien (anarchistischen) Territorien an. Er wurde Teil deren Rates und Sekretariats, führte kulturelle Aktivitäten durch. Im November 1920 bestand er darauf, dass sich Gulyai Polye auf einen Angriff der Roten Armee vorbereiten sollte und nahm später an Überfallen auf die diese teil. Im Januar 1921 ging er nach Kharkov/Kharkiv um dort im Untergrund tätig zu sein. Gemäß einer Anekdote, rief er am 26. Januar den Bolschewikischen Regierungschef der Ukraine Christian Rakovsky an und teilte ihm mit was er von seinem hinterhältigen Bruch der Waffenstillstandsvereinbarung und Bündnisverhandlungen (am/ab den 26.11.1920) hielt. Fünf Tage danach fand ihn die Tscheka (bolschewikische Geheimpolizei), nahm ihn fest und er wurde eine Monat später erschossen.

Weiterführendes
Rybin, Piotr (Rivkin; Zonov; Rybin-Zonov) (? – 1920) – Nick Heath: https://libcom.org/article/rybin-piotr-rivkin-zonov-rybin-zonov-1920
Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pjotr_Antonowitsch_Rybin#cite_note-chron-2

Piotr Rybin (ungegekürzt).pdf

Semen Karetnyk

Semen Karetnyk wurde 1893 in eine extrem arme Bäuer*innen Familie in Gulyai Polye (heute: Huliaipole) in der Region Zaporizhzhia/Zaporizka (damals Russisches Reich, heute umkämpft zwischen der Ukraine und Russland) geboren. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs arbeitet er als Stallknecht, dann wurde er zum militärischen Zwangsdienst einberufen – stieg bis zum Offizier auf. Dadurch verfügte er nach dem Krieg über viel militärische Erfahrung.
Als Nestor Makhno, der spätere Anführer der anarchistischen Revolutionären Aufständischn Armee der Ukraine (RAAU), im Juli 1918 nach langer Haft zurück nach Gulyai Polye kehrte, beratschlagten sich die lokalen Anarchist*innen, wie sie an Waffen kommen könnten. Sie lösten das Problem durch Überfälle auf eine Bank und die österreich-ungarische Besatzungsarmee. Trotz anfänglicher Erfolge wurde sie jedoch aus der Region gedrängt und Semen verwundet, bis sie am 27.1918 Gulyai Polye langfristig befreien konnten. Die RAAU richtet ihren Generalstab dort ein, dem auch Semen angehörte.
Er leitet eine Einheit, die Kämpfe gegen die Ukrainische Volksrepublik durchführte.
Semen war an der Tötung des linksnationalistischen ukrainischen Militärführers Nykyfor Hryhoriv beteiligt. Mit diesen hatte die RAAU erst überlegt ein Bündnis zu schließen, nachdem es Hinweise darauf gab, dass er ein Bündnis mit den Weißen (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) plante und sich an antisemtischen Progromen beteiligt haben soll, entschieden sie ihn zu töten. Seine Truppen schlossen sich der RAAU an.
Außerdem war er an der Tötung mehrere Bolschewiki beteiligt, die einen Mordkomplett gegen RAAU Anführer*innen planten. Als im August 1920 die RAAU erneut mit den Bolschewiki über ein Bündnis (gegen die Weißen) verhandelte, sprach er sich zusammen mit Dimitri Popov dagegen aus.
Semens Regiment kämpfte weiter gegen die Weißen und befreite Oleksandrivsk (heute Zaporizhzhia/Zaporizka), Melitopol und drängte die Weiße Armee bis zur Krim zurück. In Koordination mit der Roten Armee befreiten sie anschliessend viele Städte auf der Krim.
Die Bolschewiki stellten ihnen jedoch eine Falle und umzingelten die Einheit am abgesprochen
en Lagerort. Am 26.11.1920 wurde die anarchistische Delegation bei den Verhandlungen, vor denen Semen gewarnt hatte, in Kharkiv/Kharkov festgenommen und später ermordet. Semen und sein Stellvertreter wurden auf dem Weg nach in Melitopol von der Tscheka (bolschewikischen Geheimpolizei) festgenommen und hingerichtet.

Weiterführendes
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Semen_Karetnyk

Semen Karetnyk (gekürzt).pdf

Vasily Kurylenko

Vasyl Kurylenk wurde 1890 oder 1891 im kleinen Dorf Novospasivka (heute Osypenko) in der Nähe von Berdiansk (damals Russisches Reich, heute Ukraine) geboren, wo er als Schuster arbeitete. 1910 schloss er sich der anarchistischen Gruppen in seinem Dorf an.
Nach der Februar-Revolution 1917 wurde er einer der Anführer des Aufstandes gegen die Besatzer*innen der Mittelmächte (Deutschland, Ostereich-Ungarn, Osmanisches Reich und Bulgarien) in Bediansk. Nachdem die anarchistische Revolutionäre Aufständische Armee der Ukraine (RAAU) diese in der Schlacht von Dibrivka besiegt hatte, schloss er sich der RAAU an. In der Zeit des temporären Bündnisses zwischen der Roten Armee war Vasyl an der Vertreibung der Weißen Armee (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) aus Mariupol beteiligt. Seine Einheit blieb der Roten Armee unterstellt. Auch als die RAAU von den Bolschewiki im Sommer 1919 zu Kriminellen erklärt wurde, verblieb er zunächst in der Roten Armee.
Im Mai 1920 brach er dann mit den Bolschewiki, wurde wieder aktiv in der RAAU. Im März 1921 wurde der Kern der Aufständischen in der Nähe Melitopol von der Roten Armee überrascht und teilte sich auf und er zog nach Berdiansk und Mariupol. Im Mai vereinte sich die RAAU wieder und griff Rote Armee Einheiten an, die Nahrungsmittel der ländlichen Bevölkerung plünderten. Am 8. Juli 1921 wurde Vasyl bei Kämpfen mit der Roten Kavallerie ermordet.

Weitführendes
Kurilenko, Vasily Vasilyevich (1891-1921) – Nick Heath:
https://libcom.org/article/kurilenko-vasily-vasilyevich-1891-1921
Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Vasyl_Kurylenko

Vasily Kurylenko (ungekürzt).pdf